REZESSION

Die Nachkriegszeit brachte den Menschen im Ruhrgebiet einen kurzen Aufschwung. Anfang der 1920er-Jahre gerieten die Kommunen, die Wirtschaft und die Verkehrsbetriebe jedoch erneut in eine Krise. Auslöser war der plötzliche Anstieg der Geldmenge, nachdem Deutschland versuchte, die an die Siegermächte des Ersten Weltkriegs zu zahlenden Reparationsleistungen mit frisch gedrucktem Geld zu begleichen.

Am 16. Oktober 1922 musste der Straßenbahnverkehr zwischen Witten und Castrop vollständig eingestellt werden, nachdem das Verkehrsunternehmen nicht mehr in der Lage war, die Löhne der Mitarbeitenden zu zahlen. Die Linie A von Bochum über Gerthe nach Castrop blieb trotz der schwierigen Situation in Betrieb.

MITFAHRT AUF KOHLEZÜGEN

Während der Personenverkehr ruhte, wurde der Kohleverkehr auf der Trasse der Linie E beibehalten. Um Fahrgästen, die auf die Straßenbahn angewiesen waren, ein Transportangebot zu bieten, gestattete die Westfälische Straßenbahn ab dem 30. Oktober 1922 die Mitfahrt auf den im Güterzugdienst eingesetzten Personentriebwagen.

Ganz ungefährlich war die Mitfahrt auf den Kohlezügen nicht. Auf den teilweise stark abgefahrenen Gleisen kam es immer wieder zu Unfällen. Einen solchen Unfall dokumentiert das Beitragsbild dieses Kapitels (Westfälische Straßenbahn GmbH – Sammlung Wolfgang R. Reimann).

Ab dem 10. Dezember 1922 gab es an Sonn- und Feiertagen wieder eine stündliche Verbindung zwischen Witten Markt und Castrop. Diese wurde jedoch nur von wenigen Fahrgästen benutzt, weil die Mitfahrt ein Vermögen kostete.

WÄHREND DER RUHRBESETZUNG

Nach dem Einmarsch französischer und belgischer Besatzungstruppen wurden sowohl der Güterverkehr als auch der spärliche Personenverkehr mehrfach unterbrochen. Erst am 29. März 1923 war es mit Billigung der Besatzungstruppen möglich, auch an Werktagen zwischen Witten Markt und Castrop eine stündliche Straßenbahnverbindung anzubieten. Diese musste am 1. November 1923 erneut eingestellt werden.

Im Laufe des Jahres 1924 entspannte sich die Situation. Am 16. Februar 1924 wurde die Linie E zwischen Witten Markt und Castrop wieder in Betrieb genommen. Nachmittags fuhr die Linie E zusätzlich von Witten Markt zum Bahnhof in Lütgendortmund. Ab März wurde auch der Südast der Strecke wieder bis zur Endstelle Bommern Denkmal befahren.

GEMEINSCHAFTSVERKEHR

Auch bei der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG hatte sich die Lage Anfang 1924 entspannt. Gleichwohl blieb es nach wie vor schwierig, die Linien wirtschaftlich zu betreiben.

Um den Straßenbahnverkehr effizienter durchzuführen, ergriff jetzt der im Mai 1920 in Essen gegründete Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk (SVR) die Initiative. Er forderte die Verkehrsunternehmen im mittleren Ruhrgebiet auf, Gemeinschaftslinien einzuführen.

Zu den Projekten gehörte auch eine Zusammenarbeit zwischen der Westfälischen Straßenbahn GmbH und der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG in Witten: Ab dem 7. Juni 1924 wurde die Trasse zwischen Crengeldanz und Bommern Denkmal in den Gemeinschaftsverkehr integriert. Dazu wurde am Crengeldanz eine Gleisverbindung zwischen den Netzen der Gesellschaften hergestellt.

Die Linie E verkehrte während des Gemeinschaftsverkehrs zwischen Castrop und der kurz hinter der Eisenbahnbrücke am Haus Witten liegenden Ausweiche Wetterstraße. Die Linie 4 der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG übernahm das Teilstück zwischen der Wetterstraße und Bommern Denkmal.

Am 11. August 1929 kehrte die Linie E nach Bommern zurück. Nunmehr fuhr die Linie 4 bis zur Ausweiche Wetterstraße.