AUS FÜR DIE LINIE 27

Wie im vorigen Kapitel beschrieben, wurde die Entscheidung, die Straßenbahnlinie 22 zwischen Castrop-Rauxel und Langendreer einzustellen, von der operativen Betriebsleitung der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG getroffen. Der Aufsichtsrat des Unternehmens stimmte der Stilllegung erst nachträglich, in seiner Sitzung vom 24. Juli 1951, zu.

Für den Fortbestand der Straßenbahn war die Aufsichtsratssitzung am 24. Juli 1951 kein guter Tag. Nach einer kontrovers geführten Diskussion billigte das Gremium nicht nur das Ende des Straßenbahnbetriebs zwischen Castrop-Rauxel und Langendreer. Es entschied zudem, dass zum 1. Dezember 1951 auch der Straßenbahnbetrieb der Linie 27 zwischen Langendreer und Witten sowie der Restbetrieb der Linie 22 zwischen dem Bahnhof Langendreer und dem Alten Bahnhof in Langendreer (Kaisersteg) beendet werden sollte. Ein weiterer Beschluss betraf die Einstellung der traditionsreichen Linie 9 in Bochum.

DER LETZTE TAG

Am Abend des 30. November 1951 wurden die Beschlüsse des Aufsichtsrats umgesetzt. Am 1. Dezember 1951 übernahm die Omnibuslinie 78 von der Straßenbahnlinie 27 die Strecke zwischen Langendreer und Witten. Zwischen Witten-Markt und Bommern Denkmal übernahm die Straßenbahnlinie 10 den Dienst der Linie 27. Auf der Strecke von Langendreer Bahnhof zum Alten Bahnhof (Kaisersteg) löste die Omnibuslinie 79 die Straßenbahnlinie 22 ab.

Das Beitragsbild aus der BOGESTRA-Fotosammlung zeigt die letzte Fahrt der Linie 27. Triebwagen 45 wurde als letzte „27“ nach Brauch der Jäger mit einem Tannenzweig geschmückt. Die Tafel, die auf den besonderen Anlass hinweisen sollte, wurde später für die Veröffentlichung in den Betriebsmitteilungen der BOGESTRA ergänzt.

In der Ausgabe der „Ruhr Nachrichten“ vom 29. November 1951 wurde die Einstellung der Straßenbahn der Öffentlichkeit mitgeteilt (oben).

Der Geschäftsbericht der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG für die Jahre 1951 und 1952 kommentierte die Einstellung wie folgt:

„Im Laufe des Jahres 1951 wurden die Straßenbahnlinien Castrop-Rauxel – Langendreer – Witten und Bochum-Grumme – Wohlfahrtstraße auf Omnibusbetrieb umgestellt. Für Erneuerung der Gleis- und Fahrleitungsanlagen dieser Linien … wären zur Weiterführung des Straßenbahnbetriebes erhebliche Mittel aufzuwenden gewesen. Die Schwierigkeiten, diese Mittel zu beschaffen, und der geringe Kapitalbedarf für Omnibusse waren entscheidend für die Umstellung.“

ABBAU DER GLEISE

Bereits im Verlauf des Jahres 1952 wurden die ersten Gleise zwischen Castrop, Lütgendortmund und Langendreer entfernt. Das Gleisdreieck am Bahnhof Langendreer wurde im September 1952 ausgebaut.

Der Marktplatz in Castrop-Rauxel verlor nach der Einstellung der Straßenbahn sein Flair. Nachdem die Menschen nun zunehmend mit dem eigenen Auto in die Stadt kamen, wurde Parkraum gebraucht. So stand Castrops 1912 errichteter Reiterbrunnen 1969 recht verlassen zwischen zeittypischen Automobilen. Dort, wo links der Lastwagen unterwegs ist, fuhr bis 1951 die Straßenbahn in Richtung Witten. Im Hintergrund sehen wir die Häuser am Biesenkamp und den Turm der Lutherkirche.