FUSSGÄNGERZONE

Die Straßenbahnlinie 7 war in Castrop-Rauxel eher geduldet als erwünscht. Ihre Endstelle an der Emschertalbahn – „Münsterplatz“ – behinderte zunehmend den stark wachsenden Individualverkehr.

Als im Frühjahr 1962 die Versorgungsleitungen der Vereinigten Elektrizitätswerke Westfalen (VEW) erneuert werden mussten, nahmen Wassserwerk und Post die anstehenden Tiefbauarbeiten in der Münsterstraße zum Anlass, nunmehr auch einen Austausch ihrer Leitungen anzukündigen. Es war abzusehen, dass sich die Innenstadt ausgehend von der Einmündung der Münsterstraße in den Münsterplatz über mehrere Monate in eine Großbaustelle verwandeln würde.

In dieser Situation fasste der Stadtrat kurzfristig den Entschluss, die Münsterstraße nach den Bauarbeiten als Fußgängerzone wiederherzustellen. In seiner Sitzung vom 17. Juli 1962 beauftragte der Stadtrat die Verwaltung, alles dafür Notwendige in die Wege zu leiten. Die Bürger wurden über die Presse und im Rahmen einer Bürgerversammlung über das Vorhaben informiert.

170.000 DM BAUKOSTEN

Am 4. September 1962 genehmigte der Stadtrat einen Nachtragshaushalt, über den 170.000 DM für den Umbau der Münsterstraße in eine Fußgängerzone bereitgestellt wurden.

Die Arbeiten wurden umgehend vergeben. Am 14. September 1962 wurde die Endstelle der Linie 7 vom Bahnübergang an der Emschertalbahn bis zur damaligen Biesenkamp-Passage zurückgezogen.

Wenig später wurden die auf der Linie 7 eingesetzten Zweiachser durch moderne, von der Düsseldorfer Waggonfabrik Düwag Gelenktriebwagen abgelöst. Den ersten Gelenktriebwagen in Castrop-Rauxel fotografierte der für die „Ruhr Nachrichten“ tätige Fotograf Helmut Orwat an der Biesenkamp-Passage, vermutlich im ersten Schnee Ende Oktober / Anfang November, bevor der Straßenbau auch diesen Teil der Münsterstraße erreichte. Die Originalaufnahme ist in der Fotosammlung des LWL-Medienzentrums für Westfalen erhalten, darf hier aber aus Urheberrechtsgründen nicht als Illustration eingebunden werden (die Datumsangabe des LWL ist fehlerhaft).

AN DEN RAND GEDRÄNGT

Mit dem Fortschritt der Arbeiten wich die Straßenbahn immer weiter zurück – zuletzt an den Rand der Innenstadt. Die „schleichende“ Verlegung der Endstelle wurde den Fahrgästen mit entsprechenden Schildern signalisiert. Die Tageszeitung berichtete darüber nicht mehr.

Am 5. Dezember 1962 war der Plattenbelag der Münsterstraße fertiggestellt. Die modernen Düwag-Gelenktriebwagen wendeten jetzt auf einem kurzen und zur Fußgängerzone hin ungesichertem Gleisstumpf am Kreuzungsbereich von Münsterstraße, Widumer Straße und Lönsstraße. Für Fahrer und Schaffner gab es hier nur noch eine kurze Pause. Sie mussten die Endstelle nach kurzem Halt wieder verlassen, damit der jeweils nachfolgende Straßenbahnwagen in der Ausweiche an der Zeche Erin kreuzen konnte.

Die Gleise der ehemaligen Endstelle an der Emschertalbahn wurden in der Zeit vom 16. bis 18. April 1963 im Zusammenhang mit der Verlegung neuer Wasserrohre entfernt.

Die im nachfolgenden Slider zusammengefassten Zeitungsausschnitte dokumentieren den Bau der Fußgängerzone: vom Ratsbeschluss am 4. September bis zur Entfernung der Gleise an der Emschertalbahn.

  • Anfang September wurde der Nachtragshaushalt freigegeben.
    Ruhr Nachrichten - Castrop-Rauxeler Tageblatt - 5. September 1962

EINE NEUE SITUATION – AUCH FÜR DIE AUTOFAHRER

Die neue Endstelle der Linie 7 war ebenso wie die Fußgängerzone zur Widumer Straße hin nicht durch Barrieren abgesichert. Das wurde, wie der nachfolgende Artikel aus den „Ruhr Nachrichten“ vom 14. Januar 1963 belegt, einem Autofahrer zum Verhängnis, der sich mit der neuen Endstelle nicht so recht anfreunden konnte.

Das Beitragsbild von Wolfgang R. Reimann zeigt die ab Ende 1962 genutzte Endstelle der Linie 7 am 4. Mai 1967, wenige Tage vor der endgültigen Einstellung.