100 JAHRE PERSONENFAHRT

Kurz vor dem Beginn des Zweiten Weltkrieges gab es in Witten und Castrop einen Grund zu feiern:

Am 1. Juli 1939 beginn man das 100jährige Jubiläum der „Personenfahrt“ von Witten nach Castrop. Die dazu herausgegebene Sonderpostkarte ist heute ein gesuchtes Sammlerstück. Allein schon deshalb gehört die Erwähnung der Feier zu einem historischen Abriss der Geschicht der Straßenbahnverbindung von Witten nach Castrop.

Ein Teil der Karten wurde mit einem Sonderstempel ausgegeben. Auf diesem bewarb sich Castrop als „Industriestadt im Grünen“ (Postkarte ohne Verlagsangabe – Sammlung Ludwig Schönefeld).

Am 1. Juli fuhr bei regnerischem Wetter eine von vier Pferden gezogene, historische Postkutsche von Witten nach Castrop. Die Abfahrt in Witten und die Ankunft der von zwei Postillionen begleiteten Kutsche in der Altstadt von Castrop-Rauxel sind auf den folgenden, von Bruno Klepinski aufgenommenen Fotos dokumentiert.

Das erste Motiv im nachfolgenden Slider zeigt die Postkutsche vor dem Wittener Rathaus. Darauf folgt die Ankunft in Castrop, aufgenommen in Höhe des St. Rochus Hospitals. Auf diesem Bild ist auch die Gleislage der Straßenbahn in der Wittener Straße gut zu erkennen.

Auf den weiteren Motiven sehen wir häufig den Castroper Bürgermeister Dr. Richard Anton (1887 – 1977). Nach dem Studium fand der aus Darmstadt stammende Chemiker eine Beschäftigung bei den Rütgerswerken in Castrop-Rauxel. 1929 wurde er Parteimitglied, im Juli 1933 Oberbürgermeister der Stadt Castrop-Rauxel. Vermutlich hatte er die Idee, das Jubiläum der Personenfahrt groß zu feiern.

Wenig Beachtung fand bei Bruno Klepinski demgegenüber der von der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG bereitgestellte, geschmückte Sonderwagen. Er ist nur auf dem letzten Bild zu erkennen. Vermutlich fiel seine Ankunft am Castroper Markt bei strömenden Regen buchstäblich „ins Wasser“ (Sammlung Stadtarchiv Castrop-Rauxel).

  • Ausgangspunkt der Fahrt auf historischer Route war das Rathaus in Witten.
    Foto Bruno Klepinski - Sammlung Stadtarchiv Castrop-Rauxel

Obwohl zahlreiche Schaulustige die Straßen in Castrop-Rauxel säumten, nahm der Castroper „Stadtanzeiger“ von dem Ereignis nur wenig Notiz. Dies wohl auch, weil das Jubiläum in erster Linie der Propaganda diente. Am 3. Juli veröffentlichte die Tageszeitung unter der Überschrift „Trari, trara, die Post ist da!“ einen kurzen Bericht, in dem nach 13 eher distanzierten Zeilen des verantwortlichen Redakteurs die Grußbotschaften des Castroper und Wittener Bürgermeisters abgedruckt wurden.